Spacepeoples

[Livingston]

Böses Erwachen

Raumtechniker Igor Sabotavovic rannte wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Raumstation. Dabei gab er seltsame Geräusche von sich: "Gaga-ga-gaga-gaaa"
Man kann nicht wirklich sagen, dass er neben sich stand, dafür bewegte er sich viel zu schnell, und das auch noch so unkoordiniert, dass er sich an verschiedenen Stahlträgern die Birne einhaute, sich den linken kleinen Zeh dreimal brach und sich am rechten einen kompletten Trümmerbruch einfing.
"Wassuchichdennwowolltichnochmahin... ga-gaaa" Zum Glück bekam niemand mit, dass er dabei mit den Armen wie mit Flügeln schlug (was ihm zusätzlich eine heftige Musikknochenquetschung einbrachte).

Als ziviler Angestellter der Roten Raumflotte befand er sich am untersten Ende der sozialen Hierarchie, weswegen man sich vor zwei Monaten noch nicht mal bemüht hatte, Streichhölzer zu ziehen, wer denn nun die Stallwache in der Leitzentrale zu übernehmen hatte. So kam es, dass er alleine seine Zeit vor den Überwachungsmonitoren totgeschlagen hatte, während der Rest der Crew in der Kryonetikabteilung lag, um den nächsten Big Crunch des Universums im Tiefschlaf zu überwintern.

Und dann ging der Alarm los!
Alles was rot leuchten konnte, gab sein Bestes, und Sabotavovic, der inzwischen nur noch auf halber Kraft vor sich hin dämmerte, wurde aufgescheucht und kam mächtig in Wallung - nur leider ohne Ziel.
Nachdem er eine Stunde gegen verschlossene Schotts angerannt, über offene Kabelkanäle und Wasserleitungen gestolpert und eine Armada Küchengeräte aus der Verankerung gerissen hatte, senkte sich sein Adrenalinspiegel langsam und er näherte sich zufällig dem Kryogenlabor.
"Gaga-ga-gaaaa? Kraga-ga... Krah? Kriekericki... Kryogen..."

Allmählich wurde wieder Blut in die große Hirnrinde gespült. Nach einigen Minuten besann er sich des Notfallplans und er betätigte den versigelten Türöffner des Labors, wo die anderen noch in Unwissenheit vor sich hin träumten.
Er wollte schon die Aufwecksequenz für Generalsekretär Linvingston in Gang setzen, überlegte es sich aber noch einmal und besorgte aus der Kombüse eine Bottle Harhar-Rum und eine extra große Flasche Wodka Invasiva Infernalskaja. Dann startete er die Aufwecksequenz für seinen obersten Vorgesetzten.

Eine Stunde später in der Kontrollzentrale...

"Sind wohl eingepennt, was?" fragte Marty E. Livingston den Techniker.
"Nuja, nach zwei Monaten müssen mir wohl mal die Augen zugefallen sein."
Livingston grummelte und las wieder und wieder die Logeinträge. Dann blickte er Sabotavovic streng in die Augen und fragte: "Haben Sie zwischendurch mal einen Blick darauf geworfen?"
"Ne, was'n das?"
"Die Funküberwachung, Techniker. Sie besagt, dass wir schon einen Tag nach Einleitung der Tiefschlafphase wieder Kontakt mit dem Rest des Universums hatten. Oder eher: Haben könnten! Wenn Sie einfach mal einen Blick auf das Display geworfen hätten."
Livingston nahm eine kräftigen Schluck aus der Wodkaflasche.
"Da haben wir's: Letzter Kontakt mit PULSAR am 19-07-2420. Danach haben wir uns geordnet zurückgezogen und die Kryotanks bestiegen. Und dann hier: 21-07-2420 - Versuch einer Kontaktaufnahme von PULSAR zu uns. Und Sie Pappnase haben nix mitbekommen!"
"Ja, aber der Alarm ging erst jetzt los, Chef!"
"Das ist der Annäherungsalarm, Sie Vollhorst! Oder genaugenommen das Gegenteil davon. Inzwischen ist Havanna Alpha im galaktischen Strom abgedriftet, und wir sind Lichtjahre von den uns bekannten Galaxien entfernt. Da hätten Sie uns auch bis zum nächsten Urknall auspennen lassen können, und ich hätt's noch nicht mal mitgekriegt!"

Livingston war stinksauer. "Wenn ich das gewusst hätte, wären wir jetzt ... ach egal! Und müde bin ich auch nicht mehr. Kann ich gleich wachbleiben und hin und wieder mal hier reinschauen."

[Livingston]

Und hier die Fortsetzung.
Eigentlich wollte ich den letzten Beitrag noch mal leicht abändern, so dass nicht der gesamte Planet wegdriftet, sondern die Raumstation, in der die Crew rumhängt. Eigentlich kann man mit dieser Forensoftware eigene Beiträge abändern, aber hier ist irgendwie der Wurm drin.
NACHTRAG: Ändern geht wohl doch, wenn der Beitrag nicht zu alt ist.

Solarenergie

"Kommunismus ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung."
W.I. Lenin

Igor Sabotavovic lief der Schweiß wie aus Strömen von Stirn und Nacken herab. Der Home-Trainer war auf höchste Stufe gestellt, und in seinen Knien war bereits ein verdächtiges Knacken zu hören.
"Wie lange noch?" presste er mühsam durch die zusammengebissenen Zähne.
Bei Marty Livingston führte diese Frage zu einem angedeuteten Stirnrunzeln und er antwortete: "Noch ca. 5000 Kilometer. Wir sind bereits in der Abbremsphase. Vielleicht müssen Sie am Ende noch mal ein bisschen Stoff geben, damit die Manövrierdüsen konstanten Schub erlangen. Also nicht schlapp machen!"
"Noch ein bisschen Stoff geben! Dass ich nicht lache!"
"Ach kommen Sie, hätten Sie vorher ein wenig aufgepasst, hätten Sie sich diesen Mist ersparen können."
"Das beantwortet immer noch nicht die Frage, warum drei Viertel aller Solarpanele von der Station entfernt worden sind."
"Sabotavovic, Sie wissen doch, woraus die Dinger hergestellt werden."
"Klar", antwortete Igor, "aus Titan."
"Na sehen Sie, die sind schweineteuer, also lassen sie sich super verhökern. Und Sie wissen, dass wir Devisen brauchen."
Livingston nahm einen Schluck Wasser und sprach weiter: "Meine Güte, da wird man ja schon beim Zuschauen durstig." Der Generalvorsitzende ignorierte den gierigen Blick des Technikers. "Und wissen Sie was? Unsere Solarmodule bestehen nicht aus Titan sondern aus edelstem und feinstem Silizium. Bedenken Sie, dass es das praktisch im gesamten Universum gar nicht mehr gibt. Außerdem haben wir es noch durch Beschuss mit einem echten Plasmawerfer veredelt. Das geht weg, sag ich ihnen, zu unglaublichen Preisen, zehn mal höher Titan."
"Kapitalist, Ausbeuter!" grunzte Sabotavovic.
"Apropos Ausbeutung, jetzt wäre der Zeitpunkt, wo Sie die Schlagzahl noch ein wenig erhöhen könnten. Sie wissen ja, das Manövrieren ist immer besonders energiefressend. Also, auf, auf! Für eine bessere Zukunft. Einer für alle!"
"Und was ist mit 'Alle für einen'?"
"Ach, drücken Sie nicht so auf die Tränendrüsen! Sie machen das ja ganz gut, und wenn ich's mir Recht überlege, haben Sie sich einen Tag Landurlaub verdient."
"Und wo ist der Haken, Chef?"
"Eigentlich gibt's keinen, außer dass die Lichtmaschine unserer Landefähre im Eimer ist."

[Livingston]

Inzwischen sind Generalsekretär Marty E. Livingston und der zivile Bordtechniker Igor Sabotavovic mit einem Shuttle auf dem Raumhafen Havanna Alphas gelandet. Das Wasser des Meeres streicht sanft über den Sand des malerischen Strandes, die Sonne lacht... aber wie lange noch?

Finsternis

"Ich... hab'... die Schnauze... voll", hechelte Igor Sabotavovic, "und zwar... bis hier!" Dabei hielt er die Handkante direkt vor seinen Kehlkopf. Den Stromgenerator der Landefähre mit dem Pedalantrieb eines Home-Trainers zu ersetzen, hatte ihn ziemlich stark mitgenommen.
"Ja, ja, Sabo", entgegnete Livingston, "dafür, dass Sie so platt sind, können Sie aber immer noch ganz schön fluchen. Aber vielleicht haben Sie recht, ich könnte auch eine kleine Pause gebrauchen. Setzen wir uns doch an die Strandbar, zoschen uns 'nen Cuba Libre und gucken uns dabei die Schiffe an. Da sollen heute noch ein paar schöne Yachten runterkommen. Die reichen Schnösels wollen sich alle die totale Sonnenfinsternis anschauen. Gut für Havanna Alpha, gut für die Revolution, wenn ein paar Space-Dollars in die Kasse kommen."
Argwöhnisch blickte Sabotavovic zu seinem Boss rüber und sagte: "Aber Sie zahlen!"
"Klar doch, kommt alles auf die Spesenrechnung."

Kurze Zeit später hingen sie in den Liegestühlen, schlürften ihre Getränke und genossen bei einer leichten, sonnigen Brise den Ausblick auf den Strand und zur anderen Seite hin auf den Raumhafen. Ziemlich schnell füllten sich die Plätze um sie herum, und schon bald stellte sich ein Redner auf die kleine Bühne neben der Bar und schaltete das Mikro ein: "Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Gäste, ich begrüße Sie recht herzlich im Namen des Revolutionären Planetenrates von Havanna Alpha. Sicherlich ist Ihnen allen hinlänglich bekannt, dass eine Sonnenfinsternis auf diesem Planeten sehr selten zu beobachten ist. Aber heute haben wir das Glück, eine solche direkt von der Hauptstadt aus beobachten zu können, noch dazu eine totale: Wir befinden uns hier genau im Kernschatten, und ich verspreche Ihnen, es wird ein großartiges Spektakel."

"Alles Schnickschnack!" grunzte Sabotavovic. "Man stellt sich mit seinem Raumschiff vor den Schnittpunkt einer Planetenbahn mit der Sichtlinie zur Sonne und wartet einfach ab, dann hat man seine Sonnenfinsternis."
"Ja, sicher doch", antwortete Livingston, "wenn Ihnen irgend jemand das Kommando über das Schiff überlässt."
Igor wollte noch etwas Bissiges zurückgeben, wurde aber von den Rundungen einer Strandschönheit abgelenkt, die sich nur einen Meter neben ihm in einer Strandliege niederließ.
"Na, geht's uns besser?" fragte Livingston in sarkastischem Tonfall.
Auf dem Gesicht des Technikers machte sich langsam ein breites Grinsen breit. "Will mich nicht beschweren, Chef."

Nach kurzer Zeit zeigte sich die erste kleine Einbuchtung in der Sonnenscheibe, und selbst Sabotavovic musste zugeben, dass das schon ein beeindruckender Anblick war. Der Sprecher auf der Bühne plauderte inzwischen munter drauf los: "In circa einer halben Stunde wird sich der 'Rote Mond' komplett vor die Sonne bewegt haben, und wir werden dann alle Zeugen eines besonders wundervollen Lichtspiels, das man nur sehr selten von einem Planeten aus beobachten kann."

Eine Kleinfamilie fing inzwischen an, sich geräuschvoll nebenan auszubreiten, während der Entertainer den Experten gab: "... die Ureinwohner darin ein Zeichen der Unterweltgötter sahen, das Tod, Verderben und quallvolle Krankheiten über sie brachte. Die Alten erzählten von Sagen und Legenden, dass der Winter nahte und sich von Norden herab eine tödliche Kälte ausbreitete.
Und nun ist es soweit! Was Sie jetzt gleich zu sehen bekommen ist einfach einmalig. Sobald der Mond die Sonnenscheibe vollkommen überdeckt, werden die Sonnenprotuberanzen sichtbar, die normalerweise von dem normalen Sonnenlicht überstrahlt werden. Dies sieht dann so aus, als ob der kaum sichtbare Mond von einer leuchtenden Krone umgeben wäre. Deshalb nennt man diese Erscheinung auch

C O R O N A ! ! !"

Weiter kam der Mann auf der Bühne nicht, das Chaos brach los. Der Familienvater nebenan rammte sich eine Bierpulle gegen die Zähne, die Mutter walzte über den gerade aufgestellten Sonnenschirm; andere Strandgäste sprangen wie von der Tarantel gestochen aus ihren Liegestühlen auf, einige waren noch so cool, geistesgegenwärtig einen Stofffetzen vor Mund und Nase zu pressen.
Und dann sprintete der Mob in Panik Richtung Bühne, auf die alle vorher gestarrt hatten. Der Sprecher hatte keine Chance, denn er reagierte viel zu langsam. Hunderte stampfende Füße, durchgeschüttelte Köpfe und angespitzte Ellenbogen fielen über ihn her, Fäuste ballten sich und schlugen zu, rüchsichtslos wurde über Gestürzte hinweggerannt, der Weg freigekämpft, Tritte verteilt und in Mägen geboxt.

Nach zwei Minuten war der Spuk vorbei. Verstreut lagen Verwundete am Strand, und sie robbten verzweifelt zu ihren Fahrzeugen, um von diesem verfluchten Ort wegzukommen oder noch ein letztes Mal ihre Liebsten zu sehen. Die Strandbar stand in Flammen, und einige Flaschen mit Hochprozentigem explodierten. Und das war denn auch der Punkt, an dem Marty Livingstons sonniges Gemüt arg in Mitleidenschaft gezogen wurde: "Was für eine Verschwendung!" Resignierend schüttelte er den Kopf. "Wie sinnlos!"

[Livingston]

Nach dem kleinen Debakel auf der Besuchertribüne des Raumhafens ließ sich der Generalsekretär von Sabotavovic in einer Rikscha zum Palast der Sozialen Gerechtigkeit bringen, wo er seine wohlverdiente Ruhe genießen wollte. Aber weit gefehlt. Sicherheitschefin Commandanta Irina Krassodrova und Flottenkommandeur Admiral Wassili Iwan Invadjenko warteten bereits in der Eingangshalle, um ihn auf eine unangenehme Begegnung vorzubereiten.

Amtsübergabe

Der Gast, der Livingston gegenüber am Schreibtisch saß, schaute beklommen drein, während Livingston zum hunderdsten Mal nach der Aktenmappe griff und angenervt darin herumblätterte. Dann schmiss der Generalsekretär den Papierstapel wieder auf den Tisch, faltete die Hände und fasste sein Gegenüber scharf ins Auge: "Mr. Grump, was gibt's da noch zu bereden? Wir haben die Sache jetzt bereits zwei Stunden lang hin und her diskutiert. Der Fall ist eindeutig."
Grump machte große Augen: "Das verstößt gegen jegliches Völkerrecht, das dürfen Sie nicht!"
"Mr. Grump..."
"Mr. President Grump, bitte schön!"
"Ok, Mr. President, wenn's beliebt. Die Regelungen des United Planet-Abkommens zur Abwendung spezietärer Katastrophen sind da völlig eindeutig. Der Planet wird jetzt von uns verwaltet, und damit hat es sich, basta!"
Grump verzog das Gesicht zu einer weinerlichen Schnute: "Sie haben unseren Planeten gestohlen."
Admiral Invadjeko versuchte, die Wogen zu glätten und lehnte sich vertraulich zu Grump herüber: "Wir können das alles in vier Jahren noch einmal durchgehen, wenn die Maßnahmen gegriffen haben. Dann muss sowieso neu verhandelt werden."
"Aber Sie haben unseren Planeten gestohlen!"
Livingston rollte die Augen und griff noch einmal nach den Papieren. Schließlich fand er das Gesuchte, reichte es seinem Gast herüber und sagte: "Mr. President, hier ist eindeutig belegt, dass der Planet auf eine Katastrophe zuschlitterte: Die Rohstofflager quollen über, während die Bevölkerung sich die Hände blutig schuftete. Da greift automatisch das UP-Abkommen... hier: Paragraph 5, "Notstandsverwaltung". Und wir haben den Zuschlag erhalten, die Maßnahmen durchzuführen."
Grump schüttelte trotzig den Kopf: "Wir werden vor Gericht gehen, unsere Anwälte werden das durchsetzen. Wir werden es nicht hinnehmen, dass man unseren Planeten stiehlt."

Livingston seufzte und versuchte es noch einmal: "Mr. President, als die Seuche zuschlug, haben Sie nachweislich nichts getan. Keine Impfungen, keine Produktionsdrosselungen, Quarantäne war offensichtlich ein Fremdwort. Sämtliche Maschinenwesen der Gattung '42' sind der Seuche zum Opfer gefallen, während die menschliche Bevölkerung die ausfallenden Arbeitskräfte unter sklavenähnlichen Bedingungen ersetzen mussten - zu Löhnen, die sogar unter dem Existenzminimum lagen. Außerdem sind am Ende sogar Flotten auf dem Raumhafen gelandet, ohne die Zollformalitäten über sich ergehen lassen zu müssen. Da hat jemand ganz schön die Hand aufgehalten und sich 'ne goldene Nase verdient.
Kurzum, seien Sie froh, dass die Sache so glimpflich für Sie über die Bühne geht. Sie bleiben noch bis Mitte Januar als Übergangspräsident im Amt und wir übernehmen danach offiziell. Also machen Sie die Bahn frei!"
"Aber Sie haben unseren Planeten gestohlen!"

Der Generalsekräter hätte gerne einen starken Drink zu sich genommen, Krassodrova und Invadjenko ging es da wohl genauso. Er schaltete innerlich ab, überhörte das Geflenne von Grump und starrte aus dem Fenster. Was käme als nächstes? Feierliche Amtsübernahme mit allen militärischen Ehren. Dann müsste Livingston offiziell die Hymne Havanna Alphas auf dem neuen Planeten erschallen lassen.

"Rule Havanna! Havanna rule the space!
Caribeans will never be slaves."

Ganz schön abgedroschen. Das Lied stammte noch aus der Kolonialzeit. Musste dringend mal ersetzt werden. Ein Textfragment hatte er schon zusammengedichtet:

"Sie wollen unter sich keine Sklaven seh'n,
und über sich keinen Herr'n."
Schon besser!

Grump hackte währenddessen auf auf seinem SmartCom, und plötzlich gingen sämzliche CroakQuackChatApps im Raum gleichzeitig los. Livingston blickte kurz auf sein SmartCom und fasste dann Grump fest ins Auge: "Mr. Grump..."
"Mr. President!"
"Wie auch immer, das englische Wort 'stolen' schreibt man mit einem, nicht mit 4 'o'. Außerdem schreibt man es klein, und zwar an allen Stellen."

Wieder fing Grump an zu nölen, Tränen fingen an zu fließen: "But actually, you HAVE STOOOOLEN our planet."
Livingston riss der Geduldsfaden: "Irina, schauen Sie doch mal da vorne im Schränkchen nach, zweite Schublade von unten, da sind die Spielsachen für meine Nichte drin, wenn sie mal wieder zu Besuch kommt." Und an Grump gewandt: "Mr. President, you are fired!"

Krassodrova nickte, öffnete die Schublade und kramte ein wenig darin herum. Dann fand sie, was sie brauchte, und ging damit zu Grump herüber.
"Mein Planet, meiner, mein Schatzzzz, ihr habt es gestoh..." Mitten im Wort drückte Irina dem Noch-/Ex-/Übergangspräsi einen Schnuller in den Mund, und endlich trat Ruhe ein.
Livingston erkannte die Gelegenheit und bat Krassodrova: "Jetzt, die Chance, geleiten Sie ihn bitte raus!"
"Mit Vergnügen, Genosse Generalsekretär." Irina hakte den Präsidenten unter und schob ihn vorsichtig aus den Raum, aber schon nach einigen Metern fluchte sie laut: "Verdammt, hättest Du nicht warten können?"
"Was ist los?" rief Livingston hinterher.
"Er hat sich in die Hose gemacht."
"Groß oder klein?"
"Groß! Wir brauchen sofort eine Windel!"

[Livingston]

Ein paar Wochen später...

"Chef!"
"Ja, Irina?"
"Dieser komische Typ, der Grump, randaliert in seinem alten Präsidentenpalast. Außerdem hat er noch jede Menge Kumpels eingeladen, die sich jetzt in allen Löchern des Baus verkrochen haben. Sie grunzen irgendwas Dämliches - von wegen 'Make Little New America Great Again'".
"Ach, lassen wir ihm seinen Spaß. Wenn er nächste Woche immer noch da ist, schicken wir die Putztruppe vorbei. Außerdem wollte ich den Bau sowieso abreißen lassen."

[Livingston]

Extro

Generalsekretär Marty E. Livingston wurde unsanft geweckt, als sein Kopf auf dem Amaturenbrett aufschlug. Igor Sabotavovic hatte das Bremmspedal voll durchgedrückt.
"Autsch, meine Nase!" brüllte Livingston laut auf. "Wasisnhierlos?"
"Sorry, Chef", antwortete der zivile Pilot, Techniker, Laufbursche und Vollverantwortliche für alles, "wir wären fast in ein Stauende reingerast. Ich musste voll in die Eisen gehen."
"Stau? Mitten in den Ferien, um diese Uhrzeit? Schalten Sie mal das Radio ein!"

Genau rechtzeitig: "Hallo, CommyCom-Frühstücksradio wünscht Ihnen einen guten Morgen. Wir beginnen mit der Stauschau:
Auf der InterGal 42 kommt es zu massiven Verzögerungen und Staus. Grund sind explodierende Sonnen und spontane Black Hole-Events in den Quadranten Alpha bis Delta unserer Galaxie. Die Raumkontrolle empfiehlt, das Gebiet um 555 weiträumig zu umfliegen. Bitte Aktivieren Sie den Alarmmodus Ihrer Positionsleuchten, um das Risiko von Aufflugunfällen zu verkleinern.
Das war die aktuelle Staumeldung in Ihrem CommyCom-Frühstücksradio. Weiter geht es mit unserem Oldie-Special. Unsere Hörerin Irina Krassodrova wünscht sich den uralten Song aus dem 20. Jahrhundert 'Give me a Ticket for an Aeroplane'. CommyCom wünscht viel Spaß und einen sicheren Flug."

"So ein Mist!" grunzte Sabotavovic. "Hab grad mal die Daten von der Raumkontrolle gezogen. Es gibt in der ganzen Galaxie spontane Sonnenerruptionen, Novas und Schwarzlochklumpungen. Und wenn ich das richtig lese auch in anderen Galaxien. Mindestens in den Raumsektionen von 111 bis 999. Sieht nicht gut aus, Chef."

"Geht das schon wieder los?" fragte Livingston genervt. "Was ist das denn für ein Pfusch? Ist es denn zuviel verlangt, ein Universum aus stabilen Elementen zu konstruieren? Ein bisschen radioaktives C14, ok, kann man machen. Aber ich habe letztes Jahr schon auf der Vollversammlung der Vereinten Planeten angemerkt, dass zumindest stabiler Wasserstoff verwendet werden soll und nicht dieses neumodische Deuterium. Aber nein! Was sagte doch dieser Typ, dieser Vertreter der New Great American States? Ich solle mir diese altbackene Kommi-Propaganda sparen. Sie würden das besser, schneller und effizienter hinkriegen! Ha, schneller, in der Tat! Da haben wir den Salat."

"Hallo nochmal von Radio CommiCom mit einer wichtigen Reiseempfehlung des Verkehrskommissars Admiral Wassili Invadjenko live aus dem Sitzungssaal des Zentralkomitees: Die Flugkorridore auf allen wichtigen InterGals sind momentan völlig überlastet, ein Weiterflug kann auf diesen Strecken nicht mehr gewährleistet werden. Bitte achten Sie auf Umleitungshinweise und befolgen Sie die Anweisungen der örtlichen Raumkontrolle. Es wird dringend empfohlen, die lokalen Galaxiengruppen weiträumig zu umfliegen und - wenn möglich - den Flug in einem anderen Universum fortzusetzen."

Der Generalsekretär stöhnte gequält. "Ok, Sabotavovic. Schalten Sie das Blaulicht an und verlassen Sie den Flugkorridor. Geht auf meine Verantwortung, ich zahle die Knöllchen. Ich schlaf noch 'ne Runde. Geben Sie Bescheid, wenn wir angekommen sind."

"Angekommen, Chef? Aber wo denn?"

"Na, wo auch immer. Ist doch Ferienzeit, fliegen Sie einfach der Nase nach. Auf irgeneinem öden, heruntergekommen Planeten werden wir schon landen können."

[Livingston]

Zwischenspiel

"Ganz schön dunkel draußen."
"Schlafen Sie weiter, Chef!"
"Wo sind wir denn?"
"Musste das Universum verlassen. Gab zu viele räumliche Anomalien, die Zeitparadoxa erzeugten, und zeitliche Anomalien, die zu Raumverwerfungen führten."
"Hm, ich leg mich noch mal hin."

[Zwei Stunden später]

"Sabotavovic, sagen Sie mal, schmeckt das Zeug?"
"Hab mir schon gedacht, dass Sie auch was wollen. Hinter Ihnen, oberstes Fach neben der Kom-Anlage."
"Nastrowje!"
"Slainthe!"
*hicks*

[Livingston]

...

"Irgendwas neues?"
"Nö."
"Na dann, gute Nacht."

[Wisper]

In dem Dunkel des Nichts ein Licht.
Ein einzelnes Photon, irrlichternd, in der Seltsamen Unmaterie des Nichts schneller als dies möglich sein sollte.
An jedem Ort gleichzeitig und doch nirgends. Die Singularität lächelte.

Sie hatte jenen Null-Raum erreicht, welcher zwischen den Welten bestand, aber nicht war und dann wieder doch. Der Schroedinger-Raum. Wisper wusste nicht wann, wo und wie sie war. Doch sie war existent, jenseits jeglicher Unschärferelation. Sie war. Der Sternenspuk genoss die Eindimensionalität, doch ihr stand der Sinn nach Gemeinschaft. Allein-Sein war nicht in ihrem Sinne. In der Multitude der eingefalteten Dimensionen nahm sie unzählige Unbewegungen war. Sie wusste, schon bald würden sich die Dimensionen entrollen wie die Spitzen von Farnwedeln. Wisper hatte vorgesorgt.

Dank der gesäten Foundations würde der Kollaps des Universums nur von kurzer Dauer sein - und schon bald würde wieder alles sprießen und erblühen. Sie war glücklich - ihre Sinne griffen in die Un-Unendlichkeit der Eindimensionalität hinaus. Sie spürte einen Willen, einen Willen nach Gemeinschaft wie dem Ihren. Der Wille transzendierte die Eindimensionalität. Es war wie - ein Feld, ein Klang, eine Harmonie zwischen den Un-Welten, eine Vibration von Strings, ein Akkord - wie... sie erkannte das Lied. Und lächelte. Es gab eine Möglichkeit der Kommunikation. Leise modulierte sie einen eigenen Akkord, schlug sachte die Strings an und antwortete der Vibration des Nichts mit dem Korrespondierenden Vers...

"...und aus den Trümmern der alten Gesellschaft ersteht die Sozialistische Sternenrepublik..."

Sie nahm anderes Schwingen war. Sie hörte die Verse...
"...pflanzt das Rote Banner der Arbeit auf jede Rampe auf jede Fabrik..."
... "nehmt die Plasmawerfer zur Hand"
... "Raumpilot horch sie ziehen ins Feld"...

Die Stimmen waren da. Sie war nicht allein.

Erneut schlug sie die Strings an, einen schwachen Ruf, der sich mehr und mehr verstärkte.

Eine neue Realität begann zu kondensieren aus dem NIchts - und ein Ruf erklang: "Hoch die Interstellare Solidarität!"

Wisper manifestierte sich in dem werdenden Sein - und das Sein bestimmte das Bewusstsein. Sie war gewappnet. An der Hüfte der neugeborenen Sternenspuklarve manifestierte sich ein Plasmawerfer vom Typ Purgatorium VII. Ihr mildes Lächeln nahm zu und wurde zu einem Licht in der Finsternis, die sich ausbreitete. Aber es war eine Finsternis des Seins. Langsam entfalteten sich die Dimensionen und alles wurde neu.

[Livingston]

"Sabotavovic?"
"Hm?"
"Ich weiß nicht, warum ich gerade jetzt daran denken muss. Es war wie eine Eingebung. Wie soll ich es beschreiben..."
"Was denn, Boss?"
"Haben wir eigentlich einen Plasmawerfer an Bord?"